Bruckners Klang-Magma
François-Xavier Roth und das Gürzenich-Orchester Köln bringen im März eine neue Aufnahme der Vierten Sinfonie von Anton Bruckner beim Label Myrios Classics heraus.
Anton Bruckners Vierte nimmt für François-Xavier Roth einen ganz besonderen Platz in seinem musikalischen Leben in Köln ein: Denn es war die erste Sinfonie, die er als neuer Kapellmeister des Gürzenich-Orchesters bei seinem Antrittskonzert dirigierte, es war der 6. September 2015. Ihm war gleich klar: »Der Klang des Orchesters passt fabelhaft zu diesem romantischen Repertoire.« So entstand die Idee des Bruckner-Zyklus‘ – in Konzerten und als Einspielung. Nachdem bereits die 7. Sinfonie bei Myrios Classics erschienen ist, folgt nun Bruckners Vierte.
Anton Bruckner selbst verlieh dieser Sinfonie – neben seiner 7. die beliebteste beim Publikum – den Beinamen »Die Romantische«. Sie zeichnet eine ideale Welt in hellen Farben, als blicke sie zurück in eine heile Vergangenheit. François-Xavier Roths Herangehensweise an Bruckner ist schlank und leichtfüßig, die Klangfülle bleibt stets transparent. Er nennt Bruckner »einen Wegbereiter der Moderne«. Roth erklärt:
»Bruckner lässt in seinen Sinfonien ein regelrechtes Klang-Magma entstehen, indem er das Innenleben der Klänge formt. Ein Hörerlebnis, das die Spektralmusik gewissermaßen vorausnimmt. Bruckner weist uns damit den Weg zu den Werken von György Ligeti, Gérard Grisey oder Georg Friedrich Haas. Bruckner war eine absolute Ausnahmefigur und bleibt bis heute ein Mysterium.«
Mit dem Gürzenich-Orchester, das seit über einem Jahrhundert eng mit dem sinfonischem Schaffen des Österreichers verbunden ist, schaffte Roth unvergessliche Bruckner-Musikerlebnisse – diese sind gebannt auf CDs.
Zur Aufnahme von Bruckners Siebter schrieb bereits Fono Forum: »Es versteht sich beinahe von selbst, dass Roth äußerste Transparenz des Orchestersatzes herstellt und allein deshalb mit überkommenen Klangvorstellungen zu Bruckner aufräumt. Alles wirkt fein ziseliert und oft eher nach innen gewendet. Ein sympathischer, anregender Bruckner.« Und die Junge Welt konstatierte: »Selten wohl ist sie unaufdringlicher, sinnlicher und zugleich in ihrer Gigantomanie intimer musiziert worden als mit diesem Dirigenten.«
Das Gürzenich-Orchester spielt unter der Leitung seines Kapellmeisters die erste Fassung der Sinfonie von 1874 – nachdem sich Roth in seinem Antrittskonzert noch für die zweite Fassung von 1878/1880 entschied (für diese Version schrieb er einen ganz neuen dritten Satz, andere Sätze wurden grundlegend revidiert, gekürzt und verdichtet.). Wer sich mit den Sinfonien Anton Bruckners beschäftigt, kommt an dem Problem der verschiedenen Fassungen nicht vorbei. Denn in Bruckners Schaffen sind unterschiedliche Varianten ein und desselben Werks nicht die Ausnahme, sondern die Regel: Nur die 5., 6. und 7. Sinfonie liegen ausschließlich in einer Fassung vor. Die 1., 2. und 8. Sinfonie sind in zwei Versionen überliefert, die 3. und die 4. sogar in drei.
Die Aufnahmen der umjubelten Live-Konzerte aus der Kölner Philharmonie sind alle in audiophiler, hochauflösender DXD-Technik bearbeitet.