D-bü Wettbewerb

D-bü-Gewinner*innen stehen fest

Der innovative Konzertwettbewerb für Studierende der Deutschen Musikhochschulen bot Lockdown-konformes Programm inklusive digitaler Preisverleihung

Drei Studierenden-Teams wurden am vergangenen Freitag vom D-bü Wettbewerb der Deutschen Musikhochschulen zu den diesjährigen Gewinner*innen gekürt: Das Ensemble Mosatrïc (Universität der Künste Berlin), die Oops Society (Hochschule für Musik und Tanz Köln) und das Ensemble StimmImpuls (Hochschule für Musik Nürnberg) überzeugten eine Jury von Studierenden aus ganz Deutschland mit ihren zukunftsweisenden Konzertformaten. Aufgrund der Pandemie-Einschränkungen waren die insgesamt acht Endrundenbeiträge vorab in Hamburg, Berlin, Hannover, Wuppertal und Sydney auf Video aufgezeichnet worden.

Hamburg, 21.12. Am vergangenen Freitag wurden Studierenden-Teams aus Berlin, Köln und Nürnberg offiziell zu den Gewinner*innen der zweiten Ausgabe von D-bü gekürt. In einer digitalen Preisverleihung wurde die Oops Society mit dem Preis für Originalität bedacht, das Ensemble StimmImpuls mit dem Preis für Wiederaufführbarkeit geehrt und das Ensemble Mosatrïc mit dem Preis für Publikumserfolg ausgezeichnet. Ihnen und allen anderen Endrunden-Teilnehmer*innen hatte das Team des Wettbewerbs vorab professionelle Kamerateams zur Verfügung gestellt, welche die entwickelten Konzertformate aufzeichneten und aufbereiteten, um sie einer Jury aus Studierenden der deutschen Musikhochschulen zu präsentieren. Die Performances werden ab Januar in Ausschnitten auf der D-bü-Webseite zu sehen sein.

D-bü: Nachhaltige Förderung von Talenten und Ideen

Der Konzertbranche langfristig neuen Atem einzuhauchen und Talente gezielt zu fördern ist das Kernanliegen des D-bü Wettbewerbs, der 2017 erstmals veranstaltet wurde und in dem eingeschriebene Studierende aller deutschen Musikhochschulen Konzertideen einreichen können. Die Veranstaltung zeichnet sich vor allem durch ihre Offenheit und Fortschrittlichkeit aus: Es können fast alle Arten von Aufführungen als Beiträge eingereicht werden, solange es sich nicht um „gewöhnliche“ Klassikkonzerte handelt. Themen wie Innovation und Kreativität sowie die Nachhaltigkeit der Formate stehen im Vordergrund.

Jedes Gewinner*innen-Team des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten und von der Hochschule für Musik und Theater Hamburg ausgerichteten Wettbewerbs erhält ein Preisgeld von 4.000€ sowie eine maßgeschneiderte Anschlussförderung im Januar und Februar 2021: In individuell auf sie zugeschnittenen Coachings werden die Teams vom renommierten Theaterregisseur Ron Zimmering umfassend zu ihrer weiteren Karriereentwicklung beraten.

Ein wichtiger Aspekt des Wettbewerbs ist, die Teilnehmenden untereinander zu vernetzen und miteinander ins Gespräch zu bringen. Anja Spiller, Referentin für Kulturelle Bildung und Demokratiebildung im Bundesministerium für Bildung und Forschung, erklärt:

„Unser Ziel bei der Förderung von Wettbewerben ist es, junge Talente zu unterstützen sowie Impulse bei der Weiterentwicklung von Studienangeboten zu setzen. Die Vergabe von Preisen ist dabei von großer Wichtigkeit.  Mindestens ebenso wichtig ist aus unserer Perspektive das gegenseitige Kennenlernen, der Austausch, der Blick über den Tellerrand.“

All dies wurde durch die Pandemie zwar erschwert, aber nicht gänzlich verhindert: In den vergangenen Monaten ermöglichte D-bü allen Endrunden-Teams und den Jury-Teilnehmenden ein umfangreiches digitales Weiterbildungsangebot, in dem unter anderem Workshops zu Themen wie Karriereplanung, Selbstvermarktung, Sound- und Lichtdesign sowie der sozialen Absicherung in der Musikbranche angeboten wurden – und die Teilnehmenden einander zumindest digital kennenlernen konnten.

Große Vielfalt der Beiträge

Die Endrunden-Beiträge bilden eine beeindruckende Bandbreite ab: Musikerinnen und Musiker des Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr präsentierten eine Performance, in der militärische Dienstgrade in beliebig kombinierbare musikalische Patterns übersetzt wurden; die Pianistin Quang Hong An Nguyen verarbeitete gemeinsam mit dem Ensemble NEO BIG BANG die Erfahrungen ihres Vaters in politischer Gefangenschaft in Vietnam. Natyra Elezi und Samuel Cho präsentierten eine multimediale, improvisatorische Performance, Oliver Shermacher verband in seinem Beitrag seine Liebe zum Kabarett mit Repertoire für die Soloklarinette und das Institut für Kammermusik der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover spielte in einer Hommage an Beethoven mit den Grenzen zwischen Film und Realität.
Drei starke Gewinner*innen-Teams

Die Oops Society überzeugte die Jury in der Kategorie Originalität mit einem Beitrag aus „Oops! I dropped my seeds“, einer Kompositionsreihe der chinesischen Komponistin Duoni Liu, in der sie zeitgenössische Kunst aus dem gewohnten Vorstellungsrahmen herauslöst. Sie fertigt eine graphische Partitur an, welche auf dem Grundriss einer ausgewählten Strecke beruht, die sich über mehrere Gassen, Plätze, Straßen einer Stadt oder Räumen eines Ortes erstreckt. Der Verlauf dieser Strecke wird Künstler*innen aus unterschiedlichen kreativen Bereichen kommuniziert, denen jeweils ein ausgewähltes Stück der Route zugeteilt wird; die Ergebnisse werden in einer interdisziplinären Performance umgesetzt. Das Publikum erhält ebenfalls eine Version der graphischen Partitur und nutzt sie während der Aufführung im Raum als eine Art „Karte“: Es erfährt nun die unterschiedlichen Auslegungen der Partitur, reagiert und wird somit in die Performance integriert.

Die Jury lobte:
Das Projekt „Oops! I dropped my seeds“ macht sich auf eine kreative Art den Raum zu eigen und verknüpft auf originelle Weise verschiedene Kunstformen. Schon in der ersten Tanzszene zieht das Rätselhafte des Stückes das Publikum in seinen Bann und nimmt es an die Hand zur szenisch gestalteten Klangwelt des Innenraums. Auch ermöglicht die Performance eine Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlich an Bedeutung gewinnenden Spannungsfeld Natur und Mensch, bietet dabei vielseitige Zugänge und regt in einer offenen, fragenden Art zur Diskussion an.

Für Wiederaufführbarkeit wurden StimmImpuls ausgezeichnet, die sich in ihrem Beitrag einem Tabuthema in der klassischen Musikwelt widmen – der Menstruation. Mit „dialogue with a rose“ konzipierte Alexandra Vildosola ein innovatives Konzertformat über den Dialog der Rose, gemimt von Sopranistin Mara Maria Möritz: Das Publikum tritt in die Klang- und Rauminstallation einer menstruationsfreien Tamponwunderwelt ein. In vier Teilen „Erblüht“, „Bedecke d/mich“, „Verblüht“ und „Yes we bleed“ entwickelt sich aus einem Liederabend ein Gespräch: über Menarche, Schamgefühl, übergriffige Gesellschaft, feministischer Aktivismus und dazwischen eine mystische Selbsterfahrung.

Die Jury kommentierte:
Der Beitrag „dialogue with a rose“ beschäftigt sich mit einer gesellschaftlich sehr relevanten Thematik. Das Projekt kann ortsflexibel aufgeführt werden und spricht ein breites Publikum an. Die Jury ist sowohl von der tiefgehenden Recherche begeistert, die in den eingespielten Sounds und Stimmen zwischen den musikalischen Beiträgen zur Geltung kommt als auch von der dramaturgischen Umsetzung auf der Bühne, die sich vor allem durch die professionelle Kostümkonzeption und die variable Raumgestaltung auszeichnet. In Bezug auf die Vielfältigkeit des Themas Menstruation und die Flexibilität des verwendeten Konzepts sieht die Jury viel Potenzial für Wiederaufführungen, um weiterhin so mutig „Tabus“ zu brechen!

Das Rennen um den Preis für Publikumserfolg entschied das Ensemble Mosatrïc für sich, indem es sich mit der traditionellen Rolle der Muse als Inspirationsquelle auseinandersetzte und ein farbenfrohes und kontrastreiches Mosaik aus Musik, Tanz, Sprache und Performance entstehen ließ: Amuse*d. Zu erleben gibt es darin unter anderem Klänge, Rhythmen und Worte aus bulgarischen Volksliedern, spanischer Renaissance-Vokalmusik, griechischen Gedichten, Flamenco oder Jazz. Alle erstrahlen in der Besetzung Gesang, Violine, Violoncello und Stepptanz in ungewohntem Licht, mal als bloßes Zitat, an anderer Stelle als Basis für freie Improvisation oder in gecoverter Form.

Die Jury begründete ihre Entscheidung:
Amuse*d begeistert durch immense Spielfreude sowie eine authentische und starke Bühnenpräsenz. Die Musikerinnen des Ensembles agieren sehr harmonisch und glänzen mit einem hohen musikalischen Niveau und großer Virtuosität. Dank des stilistisch breitgefächerten Programms entsteht ein abwechslungsreiches und erfrischendes Konzerterlebnis, welches einem diversen Publikum jeden Alters einen leichten und direkten Zugang ermöglicht. Im Zusammenspiel mit der einfachen, aber effektiven Bühnennutzung bietet es sich an, das Projekt in verschiedensten Auftrittskontexten darzubieten.

Mit der Preisverleihung fand die zweite Ausgabe eines Wettbewerbs seinen Abschluss, der essenzielle neue Perspektiven für die deutsche Konzertbranche entwickelt, Talente fördert und wichtige Netzwerke schafft – auch unter den stark erschwerten Bedingungen der Corona-Pandemie. Der progressive Kern von D-bü und die kreative Beweglichkeit, die den Wettbewerb ausmacht, spiegelt sich auch darin wider, dass er mit jeder neuen Ausgabe den Ort wechselt. Nach der ersten Ausrichtung in Berlin im Jahr 2017 und der diesjährigen Station in Hamburg wird es beim nächsten Mal in Trossingen weitergehen.

Prof. Dr. Susanne Rode-Breymann, Präsidentin der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und Vorsitzende der Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen, erläutert:
„[Aufgrund seiner Flexibilität] wird D-bü an vielen Orten und natürlich auch bei vielen Menschen, Studierenden und Lehrenden, Spuren hinterlassen. 
D-bü hat Zukunft, denn der Wettbewerb wird initiieren, dass wir uns vor Ort neu umschauen. Ich sehe darin gerade nach der Corona-Krise eine riesige Chance, da wir ohnehin viele Routinen unterbrechen mussten. Nutzen wir mit Erfindungsgeist diese Chance – innovative Konzertformate brauchen wir jetzt dringender denn je.“

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