Der Tradition auf der Spur: Bergbau, Expressionismus und Neue Musik im oberbayerischen Penzberg

Das Code Modern Festival setzt seine erfolgreiche Konzertreihe „FACE2face“ fort und präsentiert am 17.10.2021 in Kooperation mit dem Museum Penzberg in der Stadthalle Penzberg ein einzigartiges Programm aus Kunst und Neuer Musik: Die aktuelle Ausstellung der Sammlung Campendonk, „Ringsum Schönheit“, bildet den Ausgangspunkt für den Konzertabend mit der Uraufführung eines Auftragswerks von Christina Athinodorou sowie Musik von Vinko Globokar, Louis Andriessen, Rebecca Saunders.

Code Modern Collage

 

Im Juli 2021 fiel der Startschuss für das frisch gegründete, auf Neue Musik spezialisierte Code Modern Festival und auch dessen Konzertreihe FACE2face, in der die Bildende Kunst als Inspiration für interdisziplinäre Konzertabende dient. Die Zuhörer*innenschaft zeigte sich beeindruckt: „Musik, Bild und Natur gehen Hand in Hand, und ein Publikum ist begeistert,“ hieß es dazu beispielsweise in der Süddeutschen Zeitung. An diesen und weitere Erfolge knüpft nun das dritte Konzert der Reihe an, welches am 17.10.2021 in der Stadthalle Penzberg stattfindet.

Das außergewöhnliche Musikereignis orientiert sich an der aktuellen Sonderausstellung „Ringsum Schönheit“ in der Sammlung Campendonk, die sich dem Kunsthandwerk widmet, sowie einem spannenden Kapitel der Penzberger Stadtgeschichte: dem Bergbau und seinen Menschen. Das Konzertprogramm mit zeitgenössischen Werken internationaler Komponist*innen nimmt Bezug, erforscht Materialien und eröffnet klangliche Perspektiven.

Das künstlerische Anliegen der Expressionist*innen, die scharfe Trennung zwischen Kunst und Handwerk aufzulösen, führte zur Gestaltung von Gegenständen und Räumen, zum Spiel mit Werkstoffen und neuen Formen. Es findet auf verschiedenen Ebenen seine Entsprechungen in der Musik des FACE2face-Konzerts in Penzberg. So fordert beispielsweise die britische Komponistin Rebecca Saunders in ihrem Stück „Dust“ für Schlagzeug solo Perkussionist*innen auf, Alltagsgegenstände als Klangkörper in ihr großes Instrumentarium zu integrieren und den Raum ringsum zu bespielen.

Besonderer Höhepunkt ist die Uraufführung des Stücks „Thou Art With Me“ für Solo-Geige der zypriotischen Komponistin Christina Athinodouru, welches auf Psalm 23 Bezug nimmt und die Figur des „Teufelsgeigers“ hinterfragt. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Religiosität und die Sehnsucht nach Harmonie war insbesondere bei Vertreter*innen der Gruppe des Blauen Reiters immer wieder Gegenstand des künstlerischen Ausdrucks, nicht selten inspiriert von Motiven der Volksfrömmigkeit. Dass ein selbstentworfenes Plakat der Künstlerin Gabriele Münter in der Sonderausstellung einen jungen Geiger musizierend zeigt, scheint die intime Musik Athinodourus zu illustrieren.

Mit dem abschließenden Ensemble Stück „Workers‘ Union“ des niederländischen Komponisten Louis Andriessen soll an den Bergbau erinnert werden, der über lange Zeit die Entwicklung der Stadt und das Leben in Penzberg deutlich geprägt haben.

Für die Reihe FACE2face@MuSeenLandschaft bietet das aktuelle Ausstellungsprogramm einen besonderen Anreiz, der Frage nach dem Material und der Physikalität der Klangschöpfung in zeitgenössischer Musik nachzugehen und sich dabei auch musikalisch inhaltlich mit der Geschichte des Bergbaus in Penzberg auseinanderzusetzen. Auf diese Weise wird das Code Modern Festival in der Veranstaltung seinem erklärten Ziel gerecht, Neue Musik im ländlichen Raum zugänglich und erfahrbar zu machen.

Besondere „Wechselbeziehungen“ stehen allgemein im Fokus des Festivals, das bei dem Konzert in der Stadthalle Penzberg seine erste Saison unter dem Programm gestaltenden Jahresmotto „Teufelswerk & Engelsgabe“ (frei nach dem Bild von Hieronymus Bosch „Der Garten der Lüste“) feiert.

Zu den Festival-Höhepunkten der kommenden Wochen zählt die öffentliche Meisterklasse für Posaune mit Professor Fabrice Millischer (Hochschule für Musik Freiburg), die von 20. bis 23. Oktober in Geretsried stattfindet und sich um Fragen der Interpretation und Vermittlung zeitgenössischer Musik sowie das Repertoire des 20. und 21. Jahrhunderts dreht. Die Uraufführung eines Auftragswerkes von Code Modern an Graham Waterhouse für Posaunenquartett bildet bei einer öffentlichen Matinee am 23.10.2021 im Showroom Geretsried den feierlichen Abschluss.

Am 13. und 14.11.2021 wird in Schlehdorf zudem in einem musikalisch illustrierten Salongespräch sowie einer musikalischen Andacht mit Video-Raumkunst von Manuela Hartel die Reihe „Innere Stimme“ fortgesetzt. Im Fokus stehen Biografien und Werke von Autor*innen, Künstler*innen und Musiker*innen, die insbesondere aus einem theologischen Kontext schöpfen. Zu Gast beim Salongespräch sind Komponistin Konstantia GourziDr. Ulrich Schäfert (Kunstpastoral Erzdiözese München Freising) und Dirigent Armando Merino (Musikalischer Leiter Code Modern).

 

17.10.2021 – FACE2face – Stadthalle Penzberg

17:00 Konzert in der Großen Stadthalle Penzberg (Michael-Pfalzgraf-Platz 1), davor Impulsführungen durch die Ausstellung „Ringsum Schönheit“ im Museum Penzberg jeweils um 15:30 und 16:00 Uhr.

Auf dem Programm stehen Werke von Vinko GlobokarLouis Andriessen, Rebecca Saunders und Christina Athinodorou (UA), ein Auftragswerk von Code Modern.

der/gelbe/klang | Lorenz Chen (Violine) | Mathias Lachenmayr (Percussion)
Armando Merino (Musikalische Leitung)

Shoshana Liessmann (Moderation und Kuratierung)

 

Fotos: Gregory Giakis, Archiv Chen, Mila Pavan, Felix Pitscheneder

 

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