Die Geigen kommen!

Der Internationale Henryk Wieniawski Violinwettbewerb findet im Oktober wieder nach sechs Jahren im polnischen Poznań statt. Er ist der weltweit älteste noch bestehende Geigenwettbewerb.

Die Namen Ginette Neveu und der Henryk Wieniawski Violinwettbewerb sind für immer miteinander verwoben: Dort startete Neveu (2. v. r.) 1935 als 15-Jährige ihre Weltkarriere – und verwies David Oistrach (damals 27, 1. v. r.) auf den zweiten Platz. Was für ein musikalisches Niveau schon bei der ersten Ausgabe des Wettbewerbs! Der Wieniawski-Wettbewerb – der ältestes noch bestehende Geigenwettbewerb der Welt – fungierte damit als erstes Sprungbrett eben für alle Teilnehmenden: auch für die Frauen (u. a. wurde Ida Haendel ebenfalls im ersten Wettbewerbsjahr Siebte). Ob bei der 16. Ausgabe des Wettbewerbs wieder eine Ginette Neveu entdeckt wird? Vom 7. bis zum 21. Oktober spielen jedenfalls 27 Geigerinnen und 14 Geiger um den ersten Preis, dotiert mit 50.000 Euro. Insgesamt werden 115.000 Euro an die erfolgreichen Musiker:innen vergeben.

224 junge Musiker:innen aus 34 Ländern hatten sich beim Wettbewerb mit einem eingesendeten Video angemeldet. Die meisten kamen aus Polen selbst (44 Bewerbungen), Deutschland (32), den USA (24) und Japan (21). Die erste Hürde war es für die 224 Kandidatinnen und Kandidaten, die Vorrunde zu bestehen, um überhaupt vor Ort in Poznań auftreten zu können. Die Vorjury bestand aus Madeleine Carruzzo, erstes weibliches Mitglied der Berliner Philharmoniker (!), der ehemalige Konzertmeister der Berliner Philharmoniker und stellvertretender Jury-Vorsitzender, Daniel Stabrawa, sowie der aktuelle Juryvorsitzende, Geiger und Dirigent Augustin Dumay. Über die Vorrunde sagt Dumay: „Wenn man die jungen Geigerinnen und Geiger hört, die beim nächsten Wieniawski-Wettbewerb antreten wollen, ist man beeindruckt von dem außergewöhnlichen Gesamtniveau und vor allem vom Auftreten einiger herausragender musikalischer Persönlichkeiten.“ Dumay erklärt außerdem, was sich die Jury von den Teilnehmenden wünscht: „Wir möchten bei der Wieniawski Competition diejenigen auswählen, die uns etwas zu sagen haben, etwas, das sie nur durch Musik ausdrücken können. Wir suchen nicht diejenigen, die im handwerklichen Sinne einfach nur gute Musiker sind. Der Wieniawski-Wettbewerb 2022 wird spannend und fesselnd sein!“

Henryk Wieniawski und die Geschichte des Wettbewerbs

Henryk Wieniawski (*10. Juli 1835, Lublin, †31. März 1880, Moskau) nimmt in der Musikgeschichte der Geige einen besonderen Platz ein. Er war ein genialer Virtuose und wurde von zeitgenössischen Kritikern und Musikliebhaber:innen gleichermaßen als Reinkarnation von Niccolò Paganini angesehen. Gleichzeitig war er ein Komponist, dessen Werke die Zeit überdauerten und einen herausragenden Platz in der Weltliteratur für Violine und in den Repertoires der bedeutendsten Künstler:innen einnehmen. Zudem arbeitete er als Pädagoge und hatte starken Einfluss u.a. auf die russische Geigenschule. Er war bekannt als faszinierender Mensch mit einer schillernden Persönlichkeit.

Der Wieniawski-Wettbewerb wurde von Henryks jüngerem Bruder Adam gegründet, um ein bleibendes Andenken an seinen Bruder zu schaffen sowie junge Geigentalente zu entdecken und zu fördern. Zum ersten Mal fand der Wettbewerb 1935 in Warschau statt. Dann kam der zweite Weltkrieg und die zweite Ausgabe konnte erst 1952 ausgerichtet werden – seitdem findet er regelmäßig in Poznań, im Westen Polens, statt. Er ist eines der Mitglieder, das die World Federation of International Music Competitions (WFIMC) 1957 in Genf gründete. Heute gehören dem Verband 120 hoch renommierte internationale Musikwettbewerbe an.

Weitere Informationen über den Henryk Wieniawski Violinwettbewerb finden Sie hier.

Veriko Tchumburidze, die Gewinnerin des 15. Wieniawski-Wettbewerbs 2016

 

Zeitplan

 

Freitag, 7. Oktober, 19 Uhr
Eröffnungskonzert
Veriko Tchumburidze, Violine (Gewinnerin des 15. Wettbewerbs 2016)
Andrzej Boreyko, Dirigent
Sinfonieorchester der Nationalphilharmonie Warschau

Samstag bis Dienstag, 8. – 11. Oktober
1.Runde

Mittwoch und Donnerstag, 12. und 13. Oktober
Semifinale Teil 1
Violine und Klavier

Freitag bis Sonntag, 14. – 16. Oktober
Semifinale Teil 2
Mit dem Amadeus Chamber Orchestra of Polish Radio
Anna Duczmal-Mróz, Dirigentin

Dienstag bis Donnerstag, 18. – 20. Oktober
Finale
mit dem Poznań Philharmonic Orchestra
Łukasz Borowicz, Dirigent

Freitag, 21. Oktober
Galakonzert in Poznań
Mit den Preisträgerinnen und Preisträgern
Poznań Philharmonic Orchestra
Łukasz Borowicz, Dirigent

Sonntag, 23. Oktober
Galakonzert in Warschau
Mit den Preisträgerinnen und Preisträgern
Poznań Philharmonic Orchestra
Łukasz Borowicz, Dirigent

Fotos: Narodowe Archiwum Cyfrowe (Wettbewerb 1935), Leszek Zadón / Fresh Frame (Tchumburidze)
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