Landpartie für Auge und Ohr: Das neu gegründete Code Modern Festival bringt Neue Musik und innovative Konzertformate in ländliche Regionen
Das Festival unter der Schirmherrschaft von Carolin Widmann bespielt ab 4.7.2021 Museen, Kirchen und ganze Ortschaften im südlichen Bayern mit ungehörten Klängen, interdisziplinären Formaten sowie einem umfangreichen Begleitangebot. Auf dem Programm: Neukompositionen von Moritz Eggert, KP Werani, Graham Waterhouse und Christina Athinodorou sowie Gesprächsabende mit Größen wie Konstantia Gourzi und Mark Andre.
Seit jeher wird die Neue Musik vorrangig dem städtischen Raum zugeordnet – und ländlichen Regionen implizit unterstellt, sie seien konservativ und kulturfern. Mit diesem Vorurteil möchte das neue Festival Code Modern ein für alle Mal aufräumen: Über zwei Saisons wird es ab 4. Juli in Südbayern ein vielfältiges Programm bieten, welches das Publikum auf ungewohnte Art und Weise an die Neue Musik heranführt. Der BR begleitet das Festival als offizieller Medienpartner.
Musik sehen, Kunst hören: Format „FACE2face“
Den Anfang macht die Reihe „FACE2face“, die sich einem Zusammenspiel aus Musik und Bildender Kunst widmet. Das Festivalkuratorium stellte für die Ausstellungen dreier renommierter Museen des Expressionismus maßgeschneiderte Musikprogramme zusammen, die in moderierten Konzertformaten vor Ort, im direkten Zusammenspiel mit den Kunstwerken, präsentiert werden. Am 4. Juli gibt es im Franz Marc Museum in Kochel am See Stücke zu hören, die Bezug auf Künstlerbildnisse aus dem Kreis der Brücke und des Blauen Reiters Bezug nehmen. Im Schlossmuseum Murnau bietet am 1. August die Ausstellung „Punkt, Linie, Fläche. Die Kinderzeichnung und der Expressionismus“ den Rahmen für eine Matinee mit gleich drei Uraufführungen: In Zusammenarbeit mit der Jeunesse Musicale wurden drei Nachwuchskomponist*innen und Preisträger*innen von „Jugend komponiert Bayern“ eingeladen, sich in neuen Werken musikalisch mit ausgewählten Exponaten auseinanderzusetzen. Letzte Station der Reihe ist am 17. Oktober die Sammlung Campendonk des Museum Penzberg: Mit Werken wie „Workers Union“ von Louis Andriessen wird u.a. auf die Vergangenheit des Bergbaustandorts Penzberg eingegangen.
Die Kirche mal nicht im Dorf lassen: Format „Innere Stimme“
Das erste Jahresmotto des Code Modern Festivals lautet „Teufelswerk & Engelsgabe“, ein Thema, das sich auch durch die Konzertreihe „Innere Stimme“ zieht. In dieser erstrahlen Kirchenräume wortwörtlich in einem neuen Licht – als Konzertorte und Schauplätze für die Arbeiten der Medien- und Performancekünstlerin Manuela Hartel. Während sich die Musik in „FACE2face“ an den Kunstwerken orientiert, läuft es hier andersherum: Das Kuratorium bestimmte das Repertoire für die jeweilige Kirche und Hartel schuf hiervon inspirierte Videoprojektionen, welche die Räume umdeuten und den Dialog mit der Musik suchen. Einige der namhaften Komponist*innen, deren Werke in der Reihe erklingen werden, stehen in gesonderten Podiumsdiskussionen Rede und Antwort zu ihrer Arbeit, unter ihnen Konstantia Gourzi und Mark Andre.
Europäische Perspektiven: Format „Drehscheibe“
Auch ein internationaler Blickwinkel soll bei Code Modern nicht fehlen, und so entstand das Austauschkonzept „Drehscheibe“, bei dem über zwei Jahre je ein deutsches, schweizerisches und franösisches Ensemble zu Gastgeber*innen werden: das Collegium Novum Zürich, der/gelbe/klang (München) und das Ensemble Sillages (Brest). Jedes Ensemble lädt die zwei anderen in die eigene Heimat ein und lässt für sie Auftragswerke kreieren, die sich je einem Instrument aus der Volksmusik widmen. Für die deutsche Ausgabe komponieren Moritz Eggert und KP Werani Werke für Cimbalom und Bandoneon. Die Ensembles treten einzeln und am Ende gemeinsam auf.
Neue Musik ganz nahbar: das Begleitprogramm
Die inhaltlichen Handreichungen, die das Code Modern Festival seiner Zuschauer*innenschaft bietet, sind vielfältig. Neben Gesprächsveranstaltungen und Moderationen spielt auch der digitale Raum eine wichtige Rolle. So wird es beispielsweise im Thomas-Mann-Standort Polling einen GPS-gesteuerten Hörspaziergang mit einer eigens entwickelten App geben. Auch junge Hörer*innen sollen im Rahmen des Projekts „Enter the Code“ in Form einer Schulkooperation für Neue Musik und Musiktheater begeistert werden. Eine Meisterklasse mit jährlich wechselndem Schwerpunkt und Standort ergänzt das Portfolio.
Das Team des Code Modern
Hinter dem Code Modern Festival stehen die Violinistin Carolin Widmann als Schirmherrin sowie das dreiköpfige Kuratorium. Der renommierte Dirigent Hans Rotmann, der sein Handwerk u.a. bei Kurt Masur und Leonard Bernstein lernte, ist bekannt für seine Arbeit beim Tanglewood Festival des Boston Symphony Orchestra sowie als Intendant des IMPULS Festivals in Sachsen-Anhalt. Seit seinem Dirigierstudium bei Jordi Mora und Arturo Tamayo verfolgt der Spanier Armando Merino mit stetig wachsendem Erfolg seinen Weg als gefragter Dirigent mit Fokus auf zeitgenössische Musik. Wegweisende Impulse erhielt er als Mitglied der Internationalen Ensemble Modern Akademie sowie von Pierre Boulez, Peter Rundel und Titus Engel. Birgit Chlupacek arbeitete über 20 Jahre als Journalistin, leitende Redakteurin, Produktmanagerin und Autorin für Reise- und Kulturressorts zahlreicher deutschsprachiger Medien. 2014 gründete sie das Medien- und Kulturbüro KLANGWORK, das sich mit der strategischen Entwicklung von Konzepten für Kulturveranstaltungen, der Planung und Durchführung von Presse-/PR- und Marketing- Kampagnen sowie dem Konzertmanagement beschäftigt.
Kommende Termine
04.07.21 FACE2face
Moderiertes Konzert
Franz Marc Museum, Kochel am See
Trio Coriolis (Violine | Viola | Violoncello)
Shoshana Liessmann (Moderation)
Programm:
J. Golyscheff: Streichtrio (1914)
D. Terranova: Rainbow Dust in the Sky (2018) für Streichtrio
S. Sciarrino: Codex Purpureus (1983) für Streichtrio
R. Haubenstock-Ramati: 2. Streichtrio (1985)
08.07.21 Innere Stimme
Musikalisch illustriertes Salongespräch
Galerie Benzenberg, Tutzing
Shoshana Liessmann (Moderation)
Katerina Giannitsioti (Violoncello)
Armando Merino, Mark Andre (Gesp chsrunde)
Programm:
M. Andre: iv II (Violoncello solo)
09.07.21 Innere Stimme
Konzert
Evangelische Christuskirche, Tutzing
der/gelbe/klang (Klarinette | Violoncello | Klavier)
Ava de Araujo Madureira (Barockvioline)
Robert Schröter (Orgel)
Manuela Hartel (Videoprojektionen)
Programm:
M. Andre: Als I | iv II | Atemwind
H. I. Biber: Rosenkranzsonaten Nr. 1, 4, 10
01.08.21 FACE2face, Schlossmuseum Murnau
26.09.21 Drehscheibe, Bayerische Musikakademie, Marktoberdorf
29.09.21 Drehscheibe, Schwere Reiter Musik, München
17.10.21 FACE2face, Museum Sammlung Campendonk, Penzberg
19.10.21 Atelier, Showroom Buffet Crampon, Geretsried
Foto: Jörg Bodenbender