Martynas Levickis

Melancholie und litauische Tradition

Mit seiner neuen CD „Autograph“, die am 17. März 2023 bei accentus music erscheint, nimmt der Akkordeonist die Zuhörer mit nach Litauen – und auf eine sehr persönliche Zeitreise. Im Sommer ist er u.a. als „Preisträger in Residence“ bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern zu erleben.

Martynas Levickis (c) Sebastian Madej

Martynas Levickis‘ Schaffen als Akkordeonist weist weit über seine baltische Heimat hinaus: 10 Jahre ist es her, dass er auf seinem Debütalbum mit Traditionen und Stilgrenzen brach, damit an die Spitze der britischen Charts kletterte und so das Akkordeon wieder salonfähig machte. Als erster Akkordeonist, der einen Vertrag von Universal Music Decca Classic erhielt, machte er in Deutschland auf sich aufmerksam und gehört heute zu den wichtigsten Botschaftern des Instruments im europäischen Raum, der immer wieder Grenzen durchbricht – so nennt ihn The Independent „den Mann, der eigenhändig das Akkordeon neu erfindet“.

„Der Mann hat Humor, Esprit, sieht blendend aus, versteht sein Instrument von Bach bis Piazzolla zu verbiegen und hat dieses gewisse Etwas, eine Spur Wildheit, bei aller Genialität.“

Ostseezeitung

 

Von Bach bis Daft Punk in Mecklenburg-Vorpommern

Als „Preisträger in Residence“ stellt er diesen Sommer in 26 Konzerten bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern das Akkordeon in den Vordergrund, und das auf vielfältigste Weise: Ob Bach und Vivaldi mit der Academy of St. Martin in the Fields; Daft Punk mit einem Akkordeon-Ensemble; Korngold und Weill mit Bariton Benjamin Appl; Filmmusik zu „Der Pate“ mit seinem Mikroorkéstra; ein eigens für ihn komponiertes Werk des schwedischen Komponisten Daniel Nelson; Kreisler und Schostakowitsch mit Avi Avital; traditionelle skandinavische Volksmelodien mit dem Danish String Quartet, oder seine eigene Bearbeitung von Gerhswins „Rhapsody in Blue“ mit der NDR Radiophilharmonie – Martynas Levickis lässt keine Kombination und kein Genre aus. 

„Autograph“: Eine persönliche Reise

Bevor es im Rahmen der Festspiele aber durch ganz Norddeutschland geht, steht im Frühling noch eine besondere Veröffentlichung an: eine musikalische Zeitreise, die passenderweise den Namen „Autograph“ trägt und am 17. März bei accentus music erscheint. Die musikalischen Erinnerungen nehmen die Gestalt von neun unterschiedlichen Werken an, die Martynas Levickis besonders prägten und auch hier seinen Mut zur Vielseitigkeit abbilden: Von Johann Sebastian Bach über Musik des 21. Jahrhunderts bis hin zu litauischen Volksliedern ist alles vertreten. 

Dabei habe er immer große Ehrfurcht vor Bach gehabt, erzählt Levickis: „Mein Musikschullehrer sagte immer, Bach müsse man mit ernster Miene spielen – und diese Auffassung habe ich lange mit mir rumgetragen. Bis ich mich auf die Suche nach einem lebenfrohen Bach gemacht habe, nach einem Werk in Dur – wodurch ich die Französische Suite Nr. 5 fand: transparent, hoffnungsvoll und freudig.“

Dem lebensfrohen Bach stehen auf dem Album die melancholischen Volkslieder aus Martynas Levickis‘ Heimat gegenüber, so z.B. „Šiū Namo“, in dem es um die Sehnsucht nach der Heimat geht, oder „Palinko Liepa“, in dem eine Mutter Abschied nimmt von ihrem Sohn, der in den Krieg zieht. Die Volkslieder arrangierte er selbst, war es ihm doch sehr wichtig, sie aufzunehmen: 

„Früher wurde bei jedem Treffen, bei jeder Versammlung Volksmusik gesungen und gespielt; und ich bin dankbar, dass ich das zumindest noch ein wenig miterleben durfte. Heute ist das anders – wir sind hochmodern, bunter und viel zu beschäftigt geworden. Als ich anfing, Akkordeon zu lernen, habe ich einige dieser Tänze und Lieder nach Gehör gespielt und ich bin froh, dass ein paar davon lange genug in mir weitergelebt haben und jetzt auch Teil dieses Albums sind: und zwar Šiū namo und Palinko Liepa.“ 

Tatsächlich ist das einzige Werk auf dem Album, das genau so für Akkordeon geschrieben wurde, Franck Angelis‘ „Impasse“; ein melancholisches Stück, das Angelis nach dem Tod seines Neffen schrieb. Alle anderen Werke arrangierte Levickis für Akkordeon – so auch Philipp Glass‘ Etüden, von denen er schon seit junger Kindheit fasziniert war. Dass Glass ebenfalls litauische Wurzeln hat, machte die Verbindung nur noch stärker. Das letzte Stück auf dem Album ist Milosz Magins „Nostalgie du pays“, ein lyrisches Werk, dass ihm ein Freund „an einem düsteren Herbstabend“ geschickt hatte: „Ich habe mich sofort in das Stück verliebt. Als wir mit der CD-Aufnahme fertig waren, setzte ich mich wieder hin und fing an, dieses Stück zu spielen, da es mir einfach nicht aus dem Kopf ging. Und glücklicherweise hatte Vilius Leras, der Tontechniker, noch die Aufnahmetaste gedrückt – und so hatten wir, völlig ungeplant, eine wunderbare Ergänzung zu dieser Auswahl an Werken.“


Kommende Konzerttermine in Deutschland:

16. März: Resort Der Öschberghof, Donaueschingen

(Bach, Angelis, Piazzolla)

24. März: Festspiele MV, Kurhaussaal Binz

Mit Noa Wildschut, Elisabeth Brauß, Fuse Ensemble

(Piazzola, Saluzzi, Galliano)

26. März: Heidelberger Frühling

Mit Benjamin Appl 

(Mahler, Schönberg, Ravel, Piazzolla, Weill, Gershwin)

28. April: Prinzregententheater, München

Lange Nacht des Streichquartetts 

(Piazzolla, Litauische Volkslieder)

15. & 16. Juni: NDR Großer Sendesaal, Hannover

Mit NDR Radiophilharmonie und Delyana Lazarova

(Gershwin)

17. Juni: Festspiele MV, Neubrandenburg

Eröffnungskonzert des Festspielsommers 2023

(Gershwin)

 

Foto: Sebastian Madej
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