Mit Bratsche und Bratpfanne: Ersteinspielung von Orchesterwerken Thomas Larchers

Zum ersten Mal spielt ein österreichisches Orchester Musik des Tiroler Komponisten Thomas Larcher ein: Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich veröffentlicht am 14. Februar auf seinem eigenen Label Larchers Symphonie „Alle Tage“ sowie sein Violinkonzert.

Tonkünstler Orchester & Thomas Larcher

Mit Thomas Larcher ist das Tonkünstler-Orchester seit mehr als 30 Jahren künstlerisch eng verbunden und bereitet seinen hochexpressiven Kompositionen regelmäßig eine Bühne. Diese musikalische Partnerschaft hält das Orchester nun mit einer Weltersteinspielung fest, für die es zwei Orchesterwerke des österreichischen Komponisten aufgenommen hat: die auf Texten von Ingeborg Bachmann basierende Symphonie „Alle Tage“ mit Hannu Lintu am Pult sowie Larchers feinsinniges Violinkonzert mit Solist Benjamin Beilman und Pierre Bleuseals Dirigent.

Thomas Larcher gilt als eine der einfallsreichsten Stimmen im zeitgenössischen Musikleben. Für seine weltweit aufgeführten Kompositionen wurde er vielfach ausgezeichnet: Erst 2019 wurde er mit dem Großen Österreichischen Staatspreis geehrt, der höchsten Auszeichnung, die Österreich für ein künstlerisches Lebenswerk vergibt. Nachdem er für frühere Vokalwerke bereits auf Texte von Autoren wie Alois Hotschnig und Hans Aschenwald oder sogar auf Notate von Psychiatrie-Patienten zurückgriff, widmete er sich für seine Symphonie „Alle Tage“ der Nachkriegsliteratur von Ingeborg Bachmann. In sieben Sätzen umspielt das Orchester vier Bachmann-Texte, gesungen von Bariton Adrian Eröd, und erweckt die Sprachbilder zum Leben: vom funkelnden Gestirn über hin- und herrollende Tannenzapfen bis hin zu Bären, die durchs Dickicht brechen. „Ich habe relativ direkt dem Text entlang komponiert, indem ich den Duktus der Worte aufnahm, ohne sehr viel dazuzutun. Zusätzlich habe ich mir bewusst auch lautmalerische oder gestische Entsprechungen zur Semantik der Verse erlaubt“, so Larcher über sein Werk.

Das Violinkonzert hebt sich vor allem durch die ungewöhnliche Instrumentierung von anderen Kompositionen ab: So kommen neben Violinen und Bratschen auch Celesta und Akkordeon zur Geltung, dazu fünf Kalimbas – afrikanische Daumenklaviere –, Kuhglocken, Flexaton, Wassergong, Vibraphon, Marimba, Crotales, Peitsche, Ratsche und Bratpfanne. „Angeregt durch rumänische Volksmusik und deren Fortführung durch Béla Bartók, György Ligeti und andere, wollte ich versuchen, diese archaische Energie (wieder einmal) zu bündeln, zu fokussieren, auf den Boden zu bringen“, schreibt Thomas Larcher in seinem Werkkommentar.

Über Thomas Larcher

Thomas Larcher wuchs in Tirol auf und studierte in Wien Komposition und Klavier. Für seine Werke, die sich im Spannungsfeld von experimentellen Spieltechniken und bewussten Rückgriffen auf Traditionen bewegen, wurde Larcher vielfach ausgezeichnet. Zuletzt erhielt er etwa den Großen Österreichischen Staatspreis, den Prix de Composition Musicale der Fondation Prince Pierre Monaco, den Ernst-Krenek-Preis der Stadt Wien und den Elise L. Stoeger Prize der Chamber Music Society of Lincoln Center. Die Festivals in Aldeburgh, Bregenz, Davos, Heimbach, Risör, Mondsee und Bantry und das Concertgebouw Amsterdam – hier entstand 2020 das Stück „The Living Mountain“ für Sopran und Ensemble –, das Mozarteum Orchester Salzburg, das Wiener Konzerthaus und die Londoner Wigmore Hall luden Larcher als Composer in Residence ein. In Schwaz in Tirol gründete er 1994 das Festival „Klangspuren“, heute eines der renommiertesten europäischen Festivals für Neue Musik. 2004 rief er in den Swarovski Kristallwelten in Wattens das Kammermusik- festival „Musik im Riesen“ ins Leben.

Über das Tonkünstler-Orchester

Das Tonkünstler-Orchester ist mit seinen drei Residenzen im Musikverein Wien, im Festspiel- haus St. Pölten und in Grafeneggeiner der größten und wichtigsten musikalischen Botschafter Österreichs. Den Kernbereich der künstlerischen Arbeit bildet das traditionelle Orchesterrepertoire von der Klassik über die Romantik bis zur Musik des 20. Jahrhunderts. Chefdirigent ist seit der Saison 15–16 Yutaka Sado. Zahlreiche CD-Aufnahmen spiegeln das künstlerische Profil des Orchesters wider. Im 2016 gegründeten Tonkünstler-Eigenlabel erscheinen pro Jahr bis zu vier CDs und Filmaufnahmen als Eigenproduktionen und als Live-Mitschnitte vor allem aus dem Wiener Musikverein.

 

VÖ am 14. Februar 2022 auf dem Tonkünstler-Eigenlabel

 

Fotos: Martina Siebenhandl, Richard Haughton

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