Neue Werke auf der Bühne, neues Publikum im Opernhaus

Die Lyric Opera of Chicago positioniert sich als progressives Haus und bringt in den nächsten Jahren fünf Auftragswerke auf die Bühne – Musikdirektor Enrique Mazzola ist begeistert vom Innovationsgeist und wird 2024 u.a. „Champion“ von Terence Blanchard, eine „Oper in Jazz“, dirigieren.

Neue Werke auf die Opernbühne bringen, mutig mit der Zeit gehen – das ist in den vergangenen Jahren zu einem Markenzeichen der Lyric Opera in Chicago geworden. Sie fördert zeitgenössische Komponist:innen, stellt deren Werke aufs große Podium – und gibt damit auch den gesellschaftlichen Themen unserer Zeit eine Bühne. Allein zwischen 2023 und 2026 zeigte und zeigt die Lyric Opera sieben neue Opernwerke, darunter sechs Weltpremieren von einigen der bedeutendsten Komponist:innen und Librettist:innen der heutigen Zeit. Diese Auftragswerke bringen die Kunstform Oper selbst voran. Die Vielfalt an erzählten Geschichten nimmt zu und auch das Spektrum an Künstler:innen, die an den Produktionen beteiligt sind, wird mit den neuen Werken ständig erweitert. So erschließt sich die Lyric Opera ganz neue Publikumsschichten. Mit diesem innovativen Geist hat sie vielen anderen Bühnen, sowohl in den USA also auch in Westeuropa, vieles voraus.

Ein großer Unterstützer dieser Entwicklung ist Enrique Mazzola, der seit 2021 der Musikdirektor des Chicagoer Opernhauses ist. „Für mich ist meine Arbeit in Chicago ein echter Life-Changer. Hier lerne ich die Oper von ganz neuen Seiten kennen: Man geht mit völlig anderen Sichtweisen heran, ich entdecke hier neue Wege und Idee“, sagt Mazzola, der seit 2022 auch Conductor in Residence bei den Bregenzer Festspielen ist und als ausgemachter Belcanto-Spezialist gilt. Doch durch die Chicagoer Oper wendet er sich nun auch Neuem zu: Er wird Anfang des kommenden Jahres erstmals eine zeitgenössische Oper dirigieren: „Champion“ von Terence Blanchard, seine erste Oper, geschrieben vor „Fire Shut Up in My Bones“, die in der Saison 2021/22 am Lyric ein riesiger Erfolg war. Bei der Koproduktion mit der Metropolitan Opera handelt es sich laut dem Komponisten um eine „Oper in Jazz“. Sie basiert auf einer wahren Geschichte: Der Weltergewichtsboxer Emile Griffith wird von den komplexen Realitäten seines Lebens gequält: jahrzehntelange Schuldgefühle, weil er im Ring einen Herausforderer besiegt hat, der an den Folgen von Griffiths Schlägen starb; und verzweifelt widersprüchliche Gefühle in Bezug auf seine eigene Sexualität.

Mazzola freut sich sehr auf sein Dirigat von „Champion“ – und auf die Reaktionen des Publikums. Denn das setzt sich eben aus ganz anderen Menschen zusammen, als er es aus Westeuropa gewöhnt ist. Er erklärt: 

„Die USA erleben gerade einen Aufschwung an Opern, die tief in den Alltag und die Sorgen von Gemeinschaften und Minderheiten eintauchen, was gerade junge Leute fasziniert und ganz neue, diverse Zuhörerschaften anzieht. In Europa tendieren wir dazu, uns eher in einer Blase der Intellektualität zu bewegen, die das Weltgeschehen weniger in den Mittelpunkt stellt. Amerika mag bei Inszenierungen konservativer sein, doch die soziale Botschaft der Oper wird hier stark betont – ein Feld, auf dem Europa noch viel lernen kann. Ich würde mir einen stärkeren Austausch zwischen den Bühnen Amerikas und Europas wünschen und mehr gemeinsame Produktionen, um die Oper stärker für alle zu öffnen.“


Neue Werke an der Lyric Opera of Chicago

 

Terence Blanchard: Champion

27. Januar – 9. Februar 2024

Ko-Produktion der Metropolitan Opera

Auftragswerk der Metropolitan Opera 

Original-Auftragswerk der Opera Theatre of Saint Louis, co-beauftragt durch Jazz St. Louis

Kommende Spielzeiten:

 

Missy Mazzoli: The Listeners

Auftragswerk von: Lyric Opera of Chicago, Norwegische Oper, Opera Philadelphia

 

Michael Abels/Rhiannon Giddens: Omar

Ko-Produktion von: Spoleto Festival USA, Carolina Performing Arts at the University of North Carolina, Chapel Hill

Auftragswerk von: LA Opera, Spoleto Festival USA, Carolina Performing Arts, Boston Lyric Opera, San Francisco Opera, Lyric Opera of Chicago

 

avery r. young: Safronia

Auftragswerk der Lyric Opera of Chicago

 

Bryce Dessner: H of H Playbook

Auftragswerk der Lyric Opera of Chicago

 

Foto Mazzola: Jean-Baptiste Millot
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