Neuproduktion in Athen: Fanny Ardant inszeniert Rachmaninows Aleko an der Griechischen Nationaloper, im Doppel mit Bartóks Herzog Blaubarts Burg in der Regie von Themelis Glynatsis

Die Griechische Nationaloper präsentiert die Doppelvorstellung zweier Einakter Opern aus der Zeit um die Jahrhundertwende. Fünf Jahren nach ihrem bemerkenswerten Erfolg mit Lady Macbeth von Mzensk übernimmt Fanny Ardant dieses Mal die Regie von Rachmaninows Aleko.  Die Wiederaufnahme der äußerst erfolgreichen Inszenierung von Herzog Blaubarts Burg trägt die Handschrift von Themelis Glynatsis. Ab dem 12. November wird das Opern-Doppel für sechs Vorstellungen im Stavros-Niarchos-Saal der GNO im Kulturzentrum der Stavros Niarchos Foundation unter der Leitung von Fabrizio Ventura aufgeführt. Die Produktion wird von Mezzo TV gefilmt und im Dezember weltweit ausgestrahlt mit Unterstützung durch einen Zuschuss der Stavros Niarchos Foundation (SNF).

Mit Sergej Rachmaninows Aleko und Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg lädt die Oper dazu ein, in eine Welt geistiger Grenzen, gewalttätiger Beziehungen, gesellschaftlicher Normen, extremer Emotionen und tief verwurzelter Vorurteile einzutauchen. Gleichzeitig bietet sich die seltene Gelegenheit, die frühen Studienjahre des jungen Rachmaninow und Bartóks dunkle, virtuose Musiksprache zu erkunden.

ALEKO
Der russische Komponist Sergej Rachmaninow, einer der bekanntesten Komponisten des 20. Jahrhunderts, erlangte vor allem durch seine symphonischen Werke und Klavierstücke internationale Berühmtheit. Er komponierte jedoch auch drei Opern. Seine erste, die einaktige Oper Aleko, schrieb er 1892 im Alter von nur 19 Jahren anlässlich seines Abschlusses am Moskauer Konservatorium. Die Oper basiert auf Alexander Puschkins Gedicht Die Zigeuner, wurde hoch gelobt, mit der Goldmedaille ausgezeichnet und fand unter anderem die Bewunderung von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Ein Jahr später wurde sie mit großem Erfolg am Bolschoi-Theater in Moskau uraufgeführt. 1899, zum 100. Geburtstag Puschkins, wurde Aleko erneut in Sankt Petersburg aufgeführt, mit dem damals noch jungen, später aber berühmten Bass Fjodor Schaljapin in der Titelrolle.
Aleko thematisiert den Konflikt zwischen zwei Welten: der Zigeunergemeinschaft und der bürgerlichen Gesellschaft. Die Handlung dreht sich um einen kosmopolitischen Mann aus der Oberschicht, der seine Zigeunerfrau Semfira und ihren Liebhaber tötet, weil er das Ideal der Zigeunerfreiheit nicht akzeptieren kann. In diesem Frühwerk verbindet Rachmaninow die europäische Opern- und Symphonietradition mit Einflüssen der russischen Oper, orientalischen Anklängen und Elementen, die an Kirchenmusik erinnern.

Diese erste Inszenierung von Rachmaninows Meisterwerk an der Griechischen Nationaloper, und zugleich die griechische Erstaufführung, wird von der einzigartigen Fanny Ardant geleitet. Dies ist ihre zweite Zusammenarbeit mit der Griechischen Nationaloper, fünf Jahre nach der äußerst erfolgreichen Inszenierung von Lady Macbeth von Mzensk. Der französische Filmstar, der in über sechzig Filmen und mehr als dreißig Theaterstücken mitgewirkt hat und die Muse von Truffaut, Zeffirelli und Polanski war, wählte Aleko aufgrund ihrer tiefen Bewunderung für Puschkin und die Zigeuner. Mit der Inszenierung dieses Einakters möchte Ardant gesellschaftliche Fragen zu den Grenzen und dem Preis von Freiheit und Liebe aufwerfen: „Ich möchte die Geschichte im Jahr 1824 erzählen, der Zeit, in der Puschkin Die Zigeuner schrieb, das Stück, auf das sich sowohl Rachmaninow als auch sein Librettist für die Oper stützten. Puschkin träumte von Freiheit, von einer reinen und wilden Welt. Er sehnte sich nach einem Leben fernab einer eitlen, egoistischen Gesellschaft mit ihren Vorurteilen und Privilegien. Er besuchte oft die Kabaretts in den Vororten von Sankt Petersburg, wo er den Zigeunern beim Tanzen und Singen zusehen und zuhören konnte und eine Welt erlebte, die frei und fröhlich war, ohne Grenzen. Die Figur des Aleko ist Puschkin selbst – ein Außenseiter, der das befreite Leben der Zigeuner kennenlernen möchte und sich auf ihre Ideen, Illusionen, romantischen Visionen und Wunder einlässt. Die Figur des Aleko steht für diejenigen von uns, die in einer freien Welt leben wollen, aber nicht bereit sind, den Preis dafür zu zahlen.“

Um uns in das Russland des Jahres 1824 zu versetzen und eine magische Bühnenwelt zu schaffen, engagierte Fanny Ardant Pierre-André Weitz für das Bühnenbild, Katarzyna Lewińska für die Kostüme, Israel Galván für die Choreografie und die Bewegung und César Godefroy für die Beleuchtung.
Der renommierte Bühnenbildner Pierre-André Weitz, der seit 1989 mit Olivier Py zusammenarbeitet, versteht Szenografie als eine „Choreografie des Raums“. Seine Bühnenbildänderungen basieren auf der Dramaturgie des Stücks. Weitz hat mehr als 150 Bühnenbilder für Theater- und Opernregisseur:innen
entworfen und lehrt Szenografie an der École nationale supérieure des Arts Décoratifs in Straßburg.
Die international anerkannte Kostümbildnerin Katarzyna Lewińska hat Kostüme für über 40 Filme in Deutschland und Polen sowie für mehr als 20 Theater- und Opernproduktionen in Europa und den USA entworfen.
Der berühmte Choreograf Israel Galván, Sohn der legendären Flamenco-Tänzer José Galván und Eugenia de los Reyes, wurde durch seine innovative Herangehensweise an den Flamenco weltweit bekannt. Trotz seiner klassischen Ausbildung hat er die Körpersprache des Flamencos neu interpretiert, indem er sie mit Elementen aus anderen Kulturen vermischt, ohne seine Wurzeln zu verleugnen.
Der vielseitige Lichtdesigner César Godefroy entwickelt seit über 15 Jahren Beleuchtungskonzepte für Theater und Oper, die eng mit der Szenografie und Dramaturgie verknüpft sind. Seine Arbeiten wurden unter anderem beim Festival d’Avignon, an der Opéra de Lyon, im Odéon-Theater in Paris und an der Comédie-Française gezeigt.

In der Hauptrolle werden führende griechische Opernsänger:innen zu sehen sein. Der international gefeierte griechische Bariton Tassis Christoyannis wird sein Debüt in der Titelrolle geben. Der junge Zigeuner wird von dem GNO-Tenor Yannis Christopoulos dargestellt, Semfira von der Sopranistin Myrsini Margariti, ein alter Mann von dem GNO-Bass Yanni Yannissis und die alte Zigeunerin von der Mezzosopranistin Ines Zikou. Agathangelos Georgakatos wird den GNO-Chor dirigieren.

HERZOG BLAUBARTS BURG

Die gefeierte Inszenierung von Béla Bartóks einaktiger Oper Herzog Blaubarts Burg, unter der Regie von Themelis Glynatsis, die in der Spielzeit 2022/23 an der Griechischen Nationaloper (GNO) ihre Premiere feierte, bildet den zweiten Teil der Doppelvorstellung. Das Libretto von Béla Balázs basiert auf Charles Perraults Märchen La Barbe bleue und erzählt die Geschichte von Blaubart und seiner jüngsten Frau Judith. Auf der Suche nach der Wahrheit über ihren Mann öffnet Judith die sieben Türen von Blaubarts Burg, hinter denen sie verschiedene Welten entdeckt: Reichtümer, Heldentaten und Ruhm, aber auch Schmerz, Tränen, Blut und Grausamkeit. Das symbolistische Libretto von Balázs gab Bartók die Möglichkeit, eine seiner eindrucksvollsten Partituren zu schaffen. Er nutzte die klangliche Vielfalt eines außergewöhnlich großen Orchesters, einschließlich des majestätischen Orgelklangs, um die mystische Bildsprache des Werkes kraftvoll zu untermalen.

Themelis Glynatsis, einer der wenigen jüngeren Regisseure, die sich auf Opern spezialisiert haben, erschuf für die beiden Hauptfiguren ein Universum aus wechselnden Realitäten, seelischen Traumata, verborgenen Erinnerungen und unbekannten Orten. Die beeindruckende Bühneninstallation, die ein Schloss als ständig wandelndes Palimpsest verschiedener Orte zeigt, sowie die Kostüme stammen vom britischen Bühnen- und Kostümbildner Leslie Travers. Katerina Gevetzi fungierte als Bewegungscoach, das Lichtdesign stammt von Stella Kaltsou, während Marios Gampierakis und Chrysoula Korovesi die Projektionen gestalteten. Das Sounddesign wurde von Tasos Tsigkas entwickelt.

„Blaubarts Märchen, eine der blutigsten Erzählungen der abendländischen Tradition, erzählt die Geschichte eines Aristokraten, der junge Frauen heiratet, nur um sie später zu ermorden, wenn sie sich über sein Verbot hinwegsetzen, seine Burg zu erkunden. Bartók verwandelt Blaubarts Geschichte in eine moderne Krimi-Oper, zutiefst mystisch, voll von Symbolik und von seltener psychologischer Klarheit und emotionaler Spannung. Herzog Blaubarts Burg, die einzige Oper des ungarischen Komponisten, gilt aufgrund ihres bahnbrechenden musikalischen und dramaturgischen Stils als eines der bedeutendsten Opernwerke des 20. Jahrhunderts. Bartóks Musik, der dritte „Protagonist“ der Geschichte, erweckt nicht nur die Sehnsüchte und Ausweglosigkeiten der beiden Figuren zum Leben, sondern gestaltet auch mit beispielloser Inspiration und musikalischer Kühnheit das labyrinthische Universum der Burg, von der gruseligen Atmosphäre in der Folterkammer bis zur Lyrik von Blaubarts Zaubergarten. Das Stück dient sowohl als symbolistische Anatomie einer Liebesbeziehung als auch als Abstieg in das geistige Rätsel, das sich in dem mysteriösen Herzog Blaubart verbirgt. Die Aufführung weicht bewusst von der Serienmörder-Mythologie ab, die üblicherweise mit diesem Werk in Verbindung gebracht wird, und konzentriert sich stattdessen auf einen Mann und eine Frau in ihrer Hochzeitsnacht, die allmählich in ein Universum multipler Realitäten, mentaler Traumata, verborgener Erinnerungen und unbekannter Orte eintauchen.“ (Themelis Glynatsis)

Die beiden Hauptrollen werden von dem international gefeierten Bass der GNO Tassos Apostolou und der Sopranistin Violetta Lousta gesungen, die beide bei der Uraufführung der Produktion im Jahr 2023 begeisterte Kritiken für ihre Auftritte erhielten.

Das Orchester der Griechischen Nationaloper wird bei diesem Doppelkonzert von dem italienischen Dirigenten Fabrizio Ventura geleitet. Er ist auf einigen der renommiertesten Bühnen der Welt aufgetreten und wurde dem GNO-Publikum durch die erfolgreiche Wiederaufnahme von Lady Macbeth von Mtsensk im Jahr 2023 bekannt.

Oper im Doppelpack – Neue Produktion
Aleko von Sergej Rachmaninow & Herzog Blaubarts Burg von Béla Bartók
12., 14., 16., 19., 21., 23. November 2024
Stavros-Niarchos-Saal der Griechischen Nationaloper – SNFCC

Dirigent: Fabrizio Ventura

Aleko (Neuinszenierung)
Regie: Fanny Ardant
Bühnenbild: Pierre-André Weitz
Kostüme: Katarzyna Lewińska
Beleuchtung: César Godefroy
Chorleiter: Agathangelos Georgakatos

Aleko: Tassis Christoyannis
Ein junger Zigeuner: Yannis Christopoulos
Semfira: Myrsini Margariti
Ein alter Mann, Semfiras Vater: Yanni Yannissis
Eine alte Zigeunerin: Ines Zikou

Mit dem Orchester und dem Chor der Griechischen Nationaloper

Herzog Blaubarts Burg (Wiederaufnahme)
Regie: Themelis Glynatsis
Bühnenbild, Kostüme: Leslie Travers
Bewegungscoach: Katerina Gevetzi
Beleuchtung: Stella Kaltsou
Projektionen: Marios Gampierakis, Chrysoula Korovesi
Tongestaltung: Tasos Tsigkas

Blaubart: Tassos Apostolou
Judith: Violetta Lousta

Mit dem Orchester der Griechischen Nationaloper


Produktionssponsor: Metlen
Hauptsponsor der GNO & Produktionssponsor: Stavros Niarchos Foundation (SNF)

Die Griechische Nationaloper erweitert ihr Repertoire und präsentiert in der Saison 2024/25 ein weiteres ehrgeiziges Opern-Doppel, bestehend aus zwei selten gespielten einaktigen Meisterwerken, die nur 26 Jahre auseinanderliegen: Aleko von 1892 und Herzog Blaubarts Burg von 1918.


Foto von Fanny Ardant: Mara Desypris
Produktionsfotos: Andreas Simopoulos

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