Pablo Heras-Casado dirigiert Le Grand Macabre-Erstaufführung an der Wiener Staatsoper
Die Premiere findet am 11. November 2023 statt, bis Ende des Jahres dirigiert er zudem u. a. die Wiener Symphoniker sowie das Silvesterkonzert der Münchner Philharmoniker.
Pablo Heras-Casado kehrt zurück an die Wiener Staatsoper – ab dem 11. November 2023 dirigiert er dort György Ligetis Oper Le Grand Macabre, eines seiner herausragendsten Werke. Es ist eine besondere Produktion, denn das Werk wird erstmals auf die Bühne der Staatsoper gebracht; in der Regie von Jan Lauwers. Wie versiert Heras-Casado in so gut wie allen Epochen der Musikgeschichte ist, zeigt allein schon ein Ausschnitt seiner bisherigen Dirigate 2023: Im Frühling beschloss er den Monteverdi-Zyklus mit dem Concentus Musicus Wien im Graben der Wiener Staatsoper, feierte im Sommer ein fulminantes Debüt bei den Bayreuther Festspielen mit dem Parsifal und kehrt – nachdem er bereits die Spielzeit mit Mozarts La Clemenza die Tito geleitet hatte – nach Wien zurück, nun also mit einem Schlüsselwerk des musikalischen 20. Jahrhunderts. Ligetis Le Grand Macabre spielt in einem imaginären, korrupten Schlaraffenland: das »verfressene, versoffene und verhurte« Breughelland. Dort platzt Nekrotzar hinein, der dämonische Große Makabre, um die Zerstörung der Welt und das Ende der Menschheit zu verkünden; dazu Trillerpfeifen aus dem Graben, Türklingeln, zwölf Autohupen. Nichts Alltägliches in der Arbeit von Heras-Casado also. Wir haben ihm zum Großen Makabren drei Fragen gestellt.
Welchen Platz nimmt das Werk für Sie in der Musikgeschichte ein?
Le Grand Macabre spiegelt die musikgeschichtliche Entwicklung an sich und ganz besonders jene des 20. Jahrhunderts mit all seinen Krisen und Schrecknissen in seiner gesamten Breite wider. Die einzigartige collagenartige Form und Sprache thematisieren zugleich jene zentralen Fragen rund um Zerstörung und Selbstzerstörung, um apokalyptische Vernichtung, die uns auch heute weltweit umtreiben. Es geht um das menschliche Elend, um wesentliche moralische und ethische Werte – Ligeti begegnet dem aber mit einer Portion schwarzem Humor.
Was ist das Besondere an Ligetis Oper?
Er ignoriert bewusst jede musikalische Erwartungshaltung. Er negiert geradezu die jahrhundertealte Tradition von Orchesterbesetzung, sondern nutzte eine der vielleicht ungewöhnlichsten, die im Opernrepertoire zu finden sind, z.B. hat jeder der drei Schlagzeuger an die 30 Instrumente zu spielen. Überdies fügte Ligeti Schichten über Schichten verschiedenster Formen, Inhalte und Klänge übereinander. Vieles klingt spontan, natürlich und improvisiert, ist aber in Wahrheit genau notiert. Er besaß sehr klare Vorstellungen von jedem kleinsten Detail – eine musikalisch und rhythmisch hyperpräzise Partitur. Es muss absolute, unverrückbare Synchronität zwischen Bühne und Orchestergraben geben.
Für Laien sind sie nicht leicht zu entdecken, aber es gibt sie: Wo finden sich die musikgeschichtlichen Bezüge?
Die Oper hat große Ähnlichkeit mit Alban Bergs Wozzeck oder Monteverdis L’Orfeo. In beiden Fällen wollten die Komponisten keine Oper im heute landläufigen Sinn schreiben, sondern ein musikalisches Drama entlang des Textes. Auf faszinierende Weise gelingt es Ligeti, Text, Instrumentation und Gesang bzw. Sprache sowie die räumliche Situation der Szene zueinander in Beziehung zu setzen. In manchen Schlüsselmomenten greift er allerdings sehr wohl auf die gewohnte Operntradition zurück. Überhaupt liebt es Ligeti, mit Zitaten an die Musikgeschichte zu erinnern, konkret an Verdi, Monteverdi, Beethoven – gemischt mit Folklore-Anlehnungen aus aller Welt.
György Ligeti: Le Grand Macabre
Wiener Staatsoper
Premiere: 11. November 2023
Weitere Termine: 14., 17., 19. und 23. November
Termine 2023 (Auswahl)
Wiener Musikverein, 25. und 26. November
Wiener Symphoniker
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 4
George F. Haas: Joshua Tree
Isarphilharmonie München, 30. und 31. Dezember
Münchner Philharmoniker
Ludwig van Beethoven: 9. Sinfonie
Ausblick 2024
Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg
Teatro Real Madrid
Premiere: 24. April
Richard Wagner: Parsifal
Bayreuther Festspiele
Juli bis 24. August
Foto: Javier Salas