1705 trat der damals 20-jährige Johann Sebastian Bach eine folgenschwere Reise an. Vom thüringischen Arnstadt wanderte er ins über 400 Kilometer entfernte Lübeck, um dort auf sein Vorbild Dietrich Buxtehude zu treffen, den Großmeister der deutschen Orgelmusik. Dass der lange Weg nach Lübeck eine große Wirkung auf das Leben und Werk des Komponisten hatte gilt als unbestritten, auch wenn über die Details der Unternehmung heute wenig bekannt ist. Fest steht: Wer dem jungen Bach auf die Spur kommen möchte, packt im Jahr 2024 am besten die Wanderschuhe und den Fahrradhelm ein. Denn von 11. Bis 17. Mai laden die Thüringer Bachwochen, Raphaël Pichon und Pygmalion zu musikalischen Formaten ein, im Rahmen derer Besucher*innen nicht nur Bach, sondern auch den renommierten französischen Dirigenten und sein Ensemble aus nächster Nähe erleben können.

Es kommt nicht von ungefähr, dass Raphaël Pichon als „Shootingstar der historischen Aufführungspraxis“ (BR Klassik) gehandelt wird. Immer wieder begeistert der 1984 geborene Gründer des Ensemble Pygmalion Publikum und Kritiker mit seinen tiefgründigen, bis ins letzte historische Detail feingeschliffenen Bach-Interpretationen, für die er u.a. mit dem Diapason d’Or ausgezeichnet wurde. Und wer könnte dem Dirigenten und seinem Originalklang-Ensemble für die Vision eines nahbaren, spürbaren Johann Sebastian Bach ein besserer Partner sein als die Thüringer Bachwochen, die seit vielen Jahren Bachs Werke an den einmaligen Schauplätzen ihres Ursprungs erfahrbar machen?

Aus Pichons Wunsch, bis ins tiefste Innere von Bachs Biografie vorzudringen, erwuchs schließlich die Idee, ganz wortwörtlich in die Fußstapfen des Komponisten zu treten und Stationen seiner frühen Pilgerreise mit eigenen Augen zu sehen. Von vornherein stand fest, dass das Publikum mittendrin statt nur dabei sein sollte. Gemeinsam mit Pichon und den Musikern können Teilnehmende deshalb auf insgesamt fast 100 Kilometern Strecke selbst in Bachs Welt eintauchen, zu Fuß und auf dem Fahrrad.

Zudem werden in vier Konzerten an bedeutenden Bachstandorten Aspekte von Bachs Anfängen als Komponist beleuchtet, beispielsweise die Auswirkungen des 30-jährigen Krieges auf sein Schaffen oder seine Hochzeit mit Maria Barbara Bach. Neben Pichons vielfach ausgezeichnetem Ensemble werden an den vier Abenden auch namhafte Solist*innen zu hören sein, unter ihnen Sabine Devieilhe, Paul-Antoine Benos-Djian, Zachary Wilder und Christian Immler.

Die intensive Auseinandersetzung mit Bach ist im Projekt „Wege Bachs“ jedoch nicht nur den Konzertgäst*innen und Fahrradfahrer*innen vorbehalten. Gemäß Raphaël Pichons Maxime, dass Musik als universelle Kultursprache Menschen unterschiedlichster Hintergründe ansprechen kann und sollte, treten Pygmalion am 9. Mai in der Jugendstrafanstalt in Dornheim auf; am 13. Mai proben sie mit einer örtlichen Kantorei sowie am 14. Mai mit Schüler*innen und Senioren in Weißensee. Am 16. Mai laden sie zudem im Schloss „Hue de Grais“ zu einer Gartenparty ein. Außerhalb Thüringens werden Bach-Fans übrigens ebenfalls auf ihre Kosten kommen – der TV-Sender arte begleitet „Wege Bachs“ filmisch als offizieller Projektpartner.

Kommende Termine

11.05.2024, 18 Uhr

Konzert Welt, gute Nacht in der Oberkirche Arnstadt

12.05.2024, 15:30 Uhr / 17 Uhr / 18 Uhr

Geführter Spaziergang von Arnstadt nach Dornheim auf dem Weg von Bachs Hochzeitsgesellschaft
danach Konzert Hochzeitsmusik in St. Bartholomäus Dornheim
anschließend gemeinsamer Imbiss mit dem Ensemble

13.05.2024, 11 Uhr

Wanderung von Arnstadt nach Erfurt über Schloss Molsdorf

14.05.2024, 10 Uhr

Radtour von Erfurt nach Weißensee

15.05.2024, 10 Uhr / 18 Uhr

Radtour zwischen Sondershausen und Weißensee
abends Konzert Licht in St Peter & Paul Weißensee

16.05.2024, 16 Uhr / 17 Uhr

Radtour zwischen Sondershausen und Wolkramshausen / Hue de Grais
anschließend musikalisches Gartenfest im Schloss

17.05.2024, 18 Uhr

Konzert Missae Brevis in der Bachkirche Arnstadt

Portrait-Foto: Piergab