Mit Cello und Kamantsche
Der 31-jährige Cellist Kian Soltani ist 2023/2024 Fokuskünstler des Tonhalle-Orchesters Zürich und eröffnet dort am 13. September die Spielzeit mit Schumanns Cellokonzert. In der neuen Saison spielt er u. a. auch mit dem WDR Sinfonieorchester, dem NDR Elbphilharmonie Orchester oder dem Mahler Chamber Orchestra.
Was hätte wohl der 11-jährige Kian gedacht, hätte man ihm erzählt, dass er später einmal auf der Bühne mit dem Tonhalle-Orchester Zürich sitzen und als Solist die großen Cellokonzerte spielen wird? Ob er das hätte glauben können? »Wahrscheinlich wäre er geplatzt vor Stolz«, sagt Kian Soltani über sein jüngeres Ich und lacht. Die Tonhalle Zürich war so etwas wie sein musikalischer Wallfahrtsort. Zu den Konzerten des Tonhalle-Orchesters ist er hingepilgert als Kind, als Teenager, hat sich die Aufnahmen angehört, hatte bei den Solo-Cellisten Unterricht, sie waren Vorbilder. Zürich war die nächstgrößere Stadt aus dem österreichischen Vorarlberg, wo Soltani geboren und aufgewachsen ist. Nun, 20 Jahre später, wird der 31-Jährige Fokuskünstler der kommenden Spielzeit sein.
Am 13. September eröffnet er als Solist des Schumann-Cellokonzerts die Saison in Zürich, Paavo Järvi dirigiert. Es folgen Schostakowitschs 1. (im Februar unter Semyon Bychkov) sowie Elgars Cellokonzert (im Mai, erneut mit Järvi). In der kommenden Spielzeit wird er u. a. noch mit dem WDR Sinfonieorchester, dem NDR Elbphilharmonie Orchester oder dem Mahler Chamber Orchestra zu hören sein. Doch er fokussiert sich in seiner musikalischen Arbeit nicht nur auf die großen (romantischen) Cellokonzerte, genauso wichtig ist ihm die Kammermusik: Er nahm u. a Klaviertrio-Alben mit Daniel und Michael Barenboim auf sowie mit Renaud Capuçon und Lahav Shani. Für sein zuletzt bei der Deutschen Grammophon erschienenes Album, u. a. mit Filmmusiken, »Cello Unlimited« erhielt er den »Opus Klassik«, für das er auch selbst komponierte. Komponieren, das macht er seit Jahren. Auch lässt er sich dabei inspirieren von persischer Musik. Mit ihr ist er, der fließend Persisch spricht, – genauso wie mit der europäischen Musik – groß geworden. Seine Eltern, Musikerin und Musiker, stammen aus Iran.
Persische Musik spielt er auch immer wieder im Konzert. Dann lässt er schonmal das Cello stehen und greift zur Kamantsche, einer Stachelgeige. So auch, wenn er am 17. September in Zürich mit dem Shiraz-Ensemble auftritt, mit dabei: sein Vater und vier weitere iranstämmige Musiker. »Wenn ich persische Musik spiele, bin ich in einer komplett anderen Welt. Anders als in der westeuropäischen Kunstmusik ist hier die Kombination aus Meditation, Improvisation, Rhythmus und Sanglichkeit wesentlich«, erklärt Soltani. Iran besuchte er zuletzt als Kind, er hat dort noch Familie, doch die meisten Verwandten haben mittlerweile ihr Heimatland verlassen. Die derzeitige Situation in Iran macht ihm sehr zu schaffen. »Die Menschenrechtslage in Iran ist katastrophal. Aus meiner privilegierten Position heraus versuche ich Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen. Die Bilder von dort zu sehen, das bewegt mich sehr.« Soltani spielt Benefizkonzerte und nutzt seine Reichweite auf den sozialen Medien, um für das Thema zu sensibilisieren. Diese politische Positionierung schätzen die jungen Iraner:innen sehr, mittlerweile hat er fast 100 000 Follower auf Instagram. Irgendwann möchte er einmal ein Konzert in Iran spielen – das ist sein Traum.
Wenn er einmal Pause hat, abschalten möchte, von seinen Konzerten, von seinem Cello »London Ex Boccherini«, 1694 gebaut von Stradivari, dann tut er das, was so viele lieben: Filme schauen, Serien gucken (aktuelle Empfehlung: »Succession«), macht Sport, trifft sich mit Freundinnen und Freunden. Oder – was so viele nicht in ihrer Freizeit tun –: Er spielt online Schach. Oder lernt eine Sprache (die fünfte: Serbisch).
Über Kian Soltani (geboren 1992 in Bregenz, Österreich)
Er begann im Alter von vier Jahren mit dem Cellospiel und wurde mit zwölf Jahren in die Klasse von Ivan Monighetti an der Musikakademie Basel aufgenommen. 2013 gewann er den Internationalen Paulo-Cellowettbewerb in Helsinki, 2014 wählte ihn die Anne-Sophie-Mutter-Stiftung als Stipendiat aus. Im selben Jahr setzte er sein Studium an der Kronberg Academy bei Frans Helmerson fort und beendete dort mit zwei Masterabschlüssen sein Studium. 2017 wurde er erst mit dem Leonard Bernstein Award und dann mit dem Credit Suisse Young Artist Award ausgezeichnet.
Heute ist Kian Soltani im internationalen Konzertleben fest etabliert. Er war und ist zu Gast bei den großen Musikfestivals in Salzburg, Verbier, Luzern, Aix-en-Provence und den BBC Proms. 2021 hatte er die Position des Artist in Residence des Schleswig-Holstein Musik Festival inne. Recitals gab und gibt er u.a. auch in der Carnegie und Wigmore Hall. Er ist regelmäßig Gastsolist des West Eastern Divan Orchestra und spielte u. a. mit den Münchner Philharmonikern, dem Orchestre Philharmonique de Radio France oder dem Israel Philharmonic Orchestra. Bei der Deutschen Grammophon hat er seit 2017 einen Exklusivvertrag inne, 2022 gewann er mit dem Album »Cello Unlimited« einen Opus Klassik.
Weitere Informationen über Kian Soltani finden auf seiner Internetseite:
Kommende Termine (Auswahl):
13. August
Grafenegg Festival // Lucerne Festival Strings
20. August
Bregenzer Festspiele // Symphonieorchester Vorarlberg
13.-15. September
Zürich // Tonhalle-Orchester Zürich
17. September
Zürich // Shiraz-Ensemble
27. September
Kronberg Festival // Kremerata Baltica
11.+12. Oktober
Wien // Wiener Symphoniker
20. Oktober
Köln // WDR Sinfonieorchester
1. Dezember
Hamburg // Klavier-Quartett
6. Dezember
Berlin // Deutsche Grammophon 125th Jubilee Concert
17. Dezember
Zürich // Cello-Ensemble
11.+14. Januar
Hamburg // NDR Elbphilharmonie Orchester
12. Januar
Bremen // NDR Elbphilharmonie Orchester
14.+15. Februar
Zürich // Tonhalle-Orchester Zürich
23. Februar
Essen // Mahler Chamber Orchestra Academy
24. Februar
Dortmund // MCO Academy
25. Februar
Köln // MCO Academy
28.+29. Februar
Luzern // Luzerner Sinfonieorchester